In Göttingen gibt es ein Lampedusa-Bündnis, bestehend aus AK Asyl, die Hochschulgruppe von amnesty international, arap, Grüne Jugend, Integrationsrat, Migrationszentrum, verdi und Einzelpersonen. Seit dem 10. Juni und noch bis zum 24. Juli läuft eine Veranstaltungsreihe des Bündnisses. Der Anlass:
„Bilder von Booten voller Menschen und Leichensäcken dicht an dicht erreichten uns im letzten Jahr vom Mittelmeer. Allein im Oktober 2013 ertranken vor Lampedusa vierhundert Bootsflüchtlinge. Über 18 000 Todesfälle an den europäischen Außengrenzen dokumentiert die Organisation Fortress Europe für die vergangenen zwei Jahrzehnte, die meisten im Mittelmeer.
Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Mensch, der auf dem Weg nach Europa sein Leben verloren hat. Bislang gibt es keine offizielle politische Reaktion auf die Tragödien, die ernsthaft weitere Tote verhindert und die Abschottungspolitik beendet. Im Gegenteil: Die Aufrüstung der EU-Außengrenzen wird weiter vorangetrieben, verkauft als humanitäre Lösung.
Wir sagen: Diese todbringende Politik an den Grenzen Europas ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Nachfolgende Generationen werden darauf schauen und vielleicht die alte Frage stellen: Warum habt ihr nichts dagegen unternommen?
Menschen werden sich immer auf den Weg machen. Hunderte haben es im März geschafft, die Zäune der EU-Exklaven Ceuta und Melilla zu überwinden. In verschiedenen Städten Deutschlands hungern, protestieren, demonstrieren Migrant*innen gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik. Lassen wir uns inspirieren von ihrem Mut und ihrem kreativen Protest.
Der Abschottung Europas an den Grenzen und in den Köpfen setzen wir ein NEIN entgegen. Und ein JA: zu gelebten Nachbarschaften mit den Menschen, die auf der Suche nach einer sicheren Lebensperspektive und einer besseren Zukunft in unserer Stadt angekommen sind. Wir wollen mit ihnen in lebendigen Kommunen leben.
Flüchtlinge, Geflüchtete, Migrant*innen – willkommen in Göttingen!“
Nächste Veranstaltungen sind:
– Boat people projekt “Nach dem Frühling – Fluchtpunkt Göttingen” im Cheltenham House, Friedrichstr. 1 um 19:30 (auch am 06., 19., 20., und 21.07.)
Das Göttinger Freie Theater boat people projekt zeigt ein besonderes Programm, das in der Auseinandersetzung mit Menschen entstanden ist, die aus verschiedenen Generationen und Kulturen stammen, aber eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind oder waren Flüchtlinge. Menschen, die im zweiten Weltkrieg aus anderen Teilen Deutschlands nach Göttingen geflohen sind, Heimatvertriebene, die hier angesiedelt wurden, DDR-Flüchtlinge, die vor allem aus dem nah gelegenen Eichsfeld stammen, und heutige Flüchtlinge u.a. aus Syrien, Afghanistan, Eritrea, Äthiopien oder Kosovo stehen im Zentrum und auf der Bühne. (s.a.:http://boatpeopleprojekt.de/home.html)
– 08.07. Helmut Dietrich: “Das Mittelmeer: Schrecken und Solidarität“ im Holbornschen Haus, Rote Str. 34 um 19:30
Seit Einführung der Visapflicht für alle südlichen Mittelmeeranrainerstaaten 1990/91 wurde das Mittelmeer zum größten Friedhof Westeuropas seit der Nachkriegszeit. Nach der “Arabellion” gab es einen zweiten Höhepunkt in der Zahl toter Bootsflüchtlinge. Aber das Mittelmeer war auch immer Raum der Solidarität durch die lokale Bevölkerung und durch grenzüberspannende Initiativen. Der Sozialforscher Helmut Dietrich beleuchtet außerdem die Folgen der Aufstände in den arabischen Staaten der Mittelmeerregion, wo er mehrere Jahre gelebt hat.
– 15.07. Vassilis Tsianos: “Autonomie der Migration. Den Blick für die Kraft der Migration schärfen, ohne ihn vom Ertrunkenen, Geschundenen und Gestrandeten zu nehmen – geht das?“ bei verdi, Groner-Tor-Str. 32 um 19:30
Vassilis Tsianos gehörte zur Gruppe „Kanak Attak“, die die Denkfigur der ‘Autonomie der Migration’ Anfang der Nuller-Jahre früh rezipiert hat. Darin heißt es: „die frohe Botschaft der ‘Autonomie der Migration’ will den Blick dafür schärfen, in der Migration primär die Projekte der Migration zu sehen, d.h. darin gesellschaftliche grenzüberschreitende Mobilität und ihre Kämpfe, also die Kämpfe der Mobilität zu sehen.“
– 20.07. Lampedusa 3. Oktober 2013 – szenische Lesung mit Musik im Lumiere, Geismar Landstr. 19 um 16:00
Eine szenische Lesung präsentiert von der Arbeitsgruppe “Unser Herz schlägt auf Lampedusa” aus Hannover mit Musik von Francesco Impastato. Der Autor Antonio Umberto Ricco hat aus Zeug*innenaussagen und dokumentarischen Materialien einen berührenden Text entwickelt, der unterschiedliche Perspektiven auf die Flüchtlingsbootkatastrophe eröffnet und besonders die Einwohner*innen von Lampedusa eindringlich zu Wort kommen lässt.
– 24.07. Marion, kmii Hanau: “Lampedusa in Hanau – aus Erfahrung wird Wissen wird Handeln”im Apex, Burgstr. 46 um 19:30
Im Februar 2014 gründete ‘kein mensch ist ilegal Hanau’ zusammen mit über Lampedusa geflüchteten Menschen die Initiative „Lampedusa in Hanau“. Damit protestieren sie gegen drohende Abschiebungen und organisierten sich gegen die Folgen der europäischen Flüchtlingspolitik. Wir wollen an diesem Abend zum einen von ihrem Erfahrungen hören, die sie mit der europäischen Grenzpolitik gemacht haben, aber auch von ihrem Versuch eine Kampagne praktisch werden zu lassen. Denn in dieser letzten Veranstaltung unserer ersten kleinen Reihe wollen wir den Blick nach vorne wagen: wir sind schließlich mehr als eine alternative VHS.
Übersichtsflyer gibt es hier