Vergeben und Vergessen?

Zur Berufung Theo Schneiders zum Superior der Göttinger St.Michaelgemeinde
Am 04.09.2011 informierten mehrere Aktivist_innen die katholische St. Michaelgemeinde und umstehende Passant_innen über die Berufung Theo Schneiders als „Seelsorger“. Theo Schneider war von 1984 bis 2007 Leiter bzw. Rektor am Bad Godesberger Alosiuskolleg, an dem es jahrzehntelang zu körperlichen und sexuellen Übergriffen durch Lehrpersonal an Schüler_innen kam. Bis heute leugnet er jemals etwas von diesen Vorfällen erfahren zu haben und verweigert sich einer direkten Auseinandersetzung mit den von Gewalt Betroffenen, wie etwa der Betroffenenorganisation Eckiger Tisch. Einigen mutigen Aktivist_innen ist es zu verdanken, dass die Kritik an der Berufung Theo Schneiders auch vor der versammelten Gemeinde in der Kirche verlesen wurde. Sie forderten die Verantwortlichen und die Gemeinde auf die in der katholischen Kirche vorherrschende Haltung weg zu sehen und weg zu hören aufzugeben. Eine ausführliche Berichterstattung ist auf Goest zu finden.
In Gegensatz zu Behauptungen der Gottesdienst sei nicht der richtige Ort für einen solchen Protest, halten wir es für absolut notwendig die Kritik der Betroffenen in die Kirche zu tragen. Die Gemeinde sollte direkt mit den Vorwürfen gegen ihren neuen „Seelsorger“ konfrontiert werden, um ein erneutes wegschauen zu vermeiden.
Das Theo Schneider zu keinem kritischen Dialog bereit ist, zeigt auch die Predigt, die er and diesem Tag hielt. Er erzählte die Geschichte eines KZ-Überlebenden, der auf die Frage, ob er denn Hass gegen seine Peiniger empfinde, antwortete: „Nein, ich hasse nicht.“ Herr Schneider sprach dann davon, dass dieser Mann sich keinem „unendlichen Hass“ hingegebe, sondern verziehen habe und sich dadurch befreite.
Wir halten dieses „Gleichnis“ für einen indirekten Aufruf an die Betroffenen von (sexualisierter) Gewalt ihm und der Kirche zu „verzeihen“ und „Störungen“ zu unterlassen. Schließlich habe dies auch ein KZ-Überlebender gekonnt. Ohne Skrupel instrumentalisiert Theo Schneider damit Aussagen von Überlebenden des Nationalsozialismus um Betroffene (sexualisierter) Gewalt zum schweigen zu bringen.
Entgegen solcher Bemühungen schließen wir uns dem Aufruf zum Block der Gesichtslosen Betroffene sexualisierter Gewalt & solidarische Freund_innen auf der Demonstration gegen den Papstbesuch am 22.9.2011 an: „Gegen sexualisierte Gewalt – Non absolvimus vos ! (wir vergeben euch nicht.) Die katholische Kirche hat über Jahrhunderte sexualisierte Gewalt geduldet, gedeckt und strukturell machterhaltend eingesetzt, was sich bis heute nicht geändert hat. Wenn davon etwas an die Öffentlichkeit gelangt, wird es verleugnet und vertuscht. Die Täter werden geschützt. Die Betroffenen werden unglaubwürdig gemacht, angegriffen und zum Schweigen gebracht.“
Um ein erneutes verschweigen und vertuschen zu verhindern halten wir es für nötig den Druck auf die Göttinger Sankt Michael Gemeinde unvermindert aufrechtzuerhalten. Wir fordern die Verantwortlichen und Mitglieder der Gemeinde auf sich konsequent gegen sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung einzusetzen. Ein erster richtiger Schritt wäre die sofortige Absetzung Theo Schneiders als Superior.

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